NOOCHRICHTE 57 (September 1999)

UNTER UNS...

Liebe Leserin, Lieber Leser

Wenn man den neuesten Prognosen der Wirtschafts- und Bankfachleute Glauben schenken würde, dann geht es mit der Schweiz nach achtjähriger Rezession endlich wieder bergauf. Von 2 und mehr Prozent Wachstum wird geschwärmt und hervorgehoben, dass auch die Arbeitslosigkeit stagniere – ja es gebe in gewissen Bereichen schon wieder einen «ausgetrockneten» Arbeitsmarkt.....

Geflissentlich werden dabei die aktuellen Zahlen der zusätzlich ausgesteuerten Fürsorgeempfänger verschwiegen. Mit keiner Silbe wird in diesem «Jubelgeschrei» die steigende Arbeitslosigkeit bei Behinderten erwähnt. Nun ja – warum sollte man auch? Der Staat macht es ja vor, wie leichtfertig man mit bestehenden Arbeitsplätzen für Behinderte umspringen kann:
So hat die staatlich verordnete Neuorganisation des regionalen Behindertentransportes ja auch nur 11 Behindertenarbeitsplätze unwiderruflich zerstört – sie werden halt wieder zu Fürsorgefällen.

Wäre damit wenigstens eine echte Verbesserung für die Mobilität der Behinderten und Betagten erreicht worden, man könnte noch mit Mühe etwas Verständnis aufbrinegn. Doch das Gegenteil ist der Fall. Von den grossmundig versprochenen 100‘000 Fahrten wird, gemäss der Aussage des Direktors der 33er-TAXI AG, wohl gerade noch die Hälfte realisierbar sein – und das kostet erst noch mehr.
Besonders erschreckend dabei ist, dass die Regierungen absolut nichts unternommen haben. Kein einziger Versuch, die Situation aufzufangen, nach Lösungen zu suchen – nichts! Damit müssen sie sich nun den Vorwurf gefallen lassen, wissentlich Arbeitsplätze für Behinderte «geopfert» zu haben – doch für was geopfert ? Für ein Transportsystem, dass noch knapp die Hälfte der bisherigen Leistung erbringt und erst noch um 120% teurer ist!
Über 200 für das Gemeinwohl freiwillig Tätige werden, einfach so, nach Hause geschickt, Bundessubventionen werden, einfach so, «an‘s Bein gestrichen», Spenderwillige werden, einfach so, vor den Kopf gestossen.

In der Privatwirtschaft würden in einer solchen Situation massenweise Köpfe rollen – in der Politik passiert absolut nichts.
Alles ist gut – alle sind zufrieden; und Alle schweigen oder geben «den Anderen» die Schuld........
Wen wundert‘s, dass bei solcherlei Gebaren das Vertrauen in die Politik, die Volksvertreter sinkt?

Alles deutet darauf hin, dass mit dieser sog. Neuorganisation und Professionalisierung des regionalen Behindertentransportes nur neue Probleme produziert wurden. Gerade weil diese Probleme akkut sind und die betroffenen Behinderten und Betagten nun auch finanziell «über den Tisch gezogen werden sollen», ist es an der Zeit, sich zu wehren.

Aus diesem Grund finden Sie in dieser Ausgabe der IVB-NOOCHRICHTE auch gerade vier Artikel zu diesem Thema. Daneben versuchen wir wie immer, Ihnen in einer Art Rundschau zum Thema Behinderung vielfältige Informationen zu präsentieren.

Wie in der Politik gibt es offensichtlich auch in den Behindertenkreisen eine «schweigende Mehrheit». Es ist an an der Zeit sich endlich zu Wort zu melden und dem Ärger Luft zu machen. Getreu dem Sprichwort «Steter Tropfen höhlt den Stein» können viele Einzelne gemeinsam etwas bewegen – auch in der Politik. Schreiben Sie uns, den gewählten Volksvertretern, den Medien. Nur Mut, es ist gar nicht so schwierig.

Mitteilungen / Ergänzungen: eMail: ivb@ivb.ch

IVB / 08.01.2003