NOOCHRICHTE
57 (September 1999)
Behindertentransport:
Wahrheiten oder Lügen ?
Sehr
viel wurde in der letzten Zeit zum Thema Behindertentransport geschrieben
und gesagt auch sehr viel, dass nicht gerade der Wahrheit entspricht....
ms.
Gerade weil ein Grundpfeiler unserer Gesellschaft die Meinungs-
und Redefreiheit ist, muss besonders behutsam mit der «Wahrheit»
umgegangen werden.
Doch
gerade beim Thema Behindertentransport ist das so eine Sache mit
der «Wahrheit». Da kommt die ganze Palette einer Grauzone
zum Zug. Sei dies nun als «Halbwahrheit», als «Lüge»,
als «Kommunikations- und Verständigungsproblem»,
als «Meinungsverschiedenheit» oder als «verdrehte
Tatsache». Allen gemein ist der Versuch, die jeweilige Position,
Sichtweise oder Handlung zu begründen oder zu erklären.
Doch
warum wird überhaupt die Wahrheit manchmal «verdreht»?
Dieses
Phänomen kennen alle Eltern, deren Kinder bei irgendetwas «ertappt»
werden, dass sie nicht machen dürfen, dass kaputtgegangen ist
oder einfach ein Fehler war. Dieser Schutzmechanismus bei Kindern
funktioniert praktisch perfekt, und es ist manchmal schier unmöglich,
die Wahrheit herauszubekommen. Es wird «geschwindelt»,
gelogen oder eine phantastische Geschichte erfunden, usw. nur damit
kein Verschulden eingestanden werden muss und als Konsequenz eine
Strafe droht.
Doch immer liegen diesen «verdrehten» Wahrheiten
auch Fakten zugrunde, die unmissverständlich, eindeutig sind
und als solche nicht verändert werden können. Fakten «um
die man nicht herumkommt». Genau so ist es auch beim Thema
«Behindertentransport.
Vergangenheitsbewältigung
- Die Fakten
Die
zahlreichen Zeitungsberichte, Radiointerviews und Leserbriefe zum
aktuellen Thema der Neuorganisation des Behindertentransportes zeigen
deutlich, dass eingangs erwähnte Spiel mit der Wahrheit. Deshalb
sehen wir es als unsere Pflicht, nun die eindeutigen Fakten zu diesem
Geplänkel aufzulisten, damit endlich die Vergangenheit abgeschlossen
werden kann. Es ist die Zukunft, die wir verändern können,
die Vergangenheit ist Geschichte.
Um nicht bei «Adam & Eva» anfangen zu müssen
und Sie mit unzähligen Details zu langweilen, präsentieren
wir Ihnen nachfolgend einige, aus unserer Sicht entscheidenden Eckpunkte:
Als
Anfangspunkt dieser Auflistung wählen wir die Einforderung
der Arztzeugnisse durch die KBB im Dezember 1997. Diese «Aktion»
kann als eigentlicher Auslöser für die gesamte weitere
Entwicklung angesehen werden.
Weil
nun nur noch etwa die Hälfte der «alten» Arztzeugnisse
eingereicht wurden, war die weitere Finanzierung durch die Kantone
nicht mehr gewährleistet (jedes Arztzeugnis «generierte»
Kantonsgelder für den Behindertentransport). Da also nur noch
halbsoviel Arztzeugnisse wie im Vorjahr vorhanden waren, standen
auch nur noch die halben Finanzmittel der Vorjahre zur Verfügung.
Nach
langem Hin und Her haben sich die beiden Kantonsregierungen im Juni
1998 entschlossen, die budgetierten (und notwendigen) Mittel für
das laufende Jahr zu gewähren, damit der Behindertentransport
weitergeführt werden konnte.
Doch
an diese «Freigabe» waren zwei entscheidende Bedingungen
geknüpft:
Erstens wurde die bisherige interkantonale Vereinbarung per 31 .12.98
gekündigt und zweitens erhielt die KBB den Auftrag ein neues
Finanzierungskonzept auszuarbeiten, um nicht wieder in eine solche
Situation zu kommen.
Die
KBB hat Ihre Hausaufgaben hinter verschlossenen Türen gemacht
und Mitte September 1998 den Ratschlag 8863 (BS) bzw. die Vorlage
188-98 an die Land- und Grossräte verteilt. Die bisherigen
Anbieter (IVB/TIXI-Allianz) wurden trotz mehrerer schriftlicher
Interventionen, nie in diesen Entwicklungsprozess einbezogen.
Praktisch
gleichzeitig hat die KBB der IVB/TIXI-Allianz mitgeteilt, dass sie
vorsieht gewerbliche Anbieter zu berücksichtigen und deshalb
plant diesen Auftrag öffentlich auszuschreiben.
Auch
wenn heute dies verneint wird, so ist dieser Umstand ein Faktum
und kann gerne in einer Aktennotiz nachgelesen werden.
Mitte
Oktober berichtet zudem die regionale Presse ebenfalls über
die geplante Neuregelung und «Professionalisierung»
mit den unmissverständlichen Schlagzeilen:
«Regierungen suchen nach Alternativen zu TIXI» «Muss
TIXI bald privaten Anbietern weichen?»
Die
IVB/TIXI-Allianz war dadurch wohl stark verunsichert, aber hatte
noch Hoffnung. Deshalb stellte sie Ende Oktober ein schriftliches
Gesuch bei der KBB, sämtliche KBB-eigenen Fahrzeuge abzukaufen.
Dies wurde von der KBB ohne weitere Begründung abgelehnt.
In
der beratenden Landratskommission Mitte November versichern die
KBB-Vertreter vor den Landräten noch, dass die Behindertentransporte
nicht ausgeschrieben werden und Freiwilligenarbeit weiterhin willkommen
sei (s. Protokoll).
Der
Allianz wird bei eingehender Prüfung des Ratschlages / der
Vorlage sehr bald klar, dass bei einer Annahme der neuen Vereinbarung
alleine wegen den gesetzlichen Bestimmungen (Submissionsgessetz
Basel-Stadt) in jedem Fall dieses «Geschäft» öffentlich
ausgeschrieben werden muss! Eine Teilnahme an einer Submission kommt
für TIXI aus juristischen Gründen nicht in Frage.
TIXI
informiert die KBB Ende November schriftlich, dass es sich, sobald
die neue professionelle Behindertentransport-Organisation stehen
wird, per 30.6.1999 aus dem Fahrgeschäft zurückziehe
Anlässlich
einer Sitzung Mitte Dezember zwischen der KBB-Geschäftsleitung
und der Allianz, wird der IVB nahegelegt, ebenfalls sämtlichen
betroffenen Chauffeuren vorsorglich auf Mitte 1999 zu kündigen,
da eine Weiterführung trotz Interesse der IVB nicht gewährleistet
sei
Der
Ratschlag/die Vorlage werden Mitte Dezember 1998 durch die beiden
Parlamente verabschiedet.
Ende
1998 informiert TIXI die Öffentlichkeit, dass Sie per 30.6.99
aufhören wird.
Anfang
Februar 1999 wird der subventionierte Behindertentransport öffentlich
ausgeschrieben. Neben der IVB nehmen nur gewerbliche Anbieter an
der Ausschreibung teil!
Ende
März hat sich die KBB für das billigste Angebot der 33er-TAXI
AG entschieden. Auch die IVB erhält eine schriftliche Absage:
(«... kommen zum Schluss, dass wir Ihr Angebot nicht berücksichtigen
können»). Die IVB könnte lediglich als Subunternehmer
der 33er-TAXI AG weiterfahren.
TIXI
stellt seinen Betrieb per 31.5.99 ein.
Anfang
Juni 1999 stellen die 33er-TAXI AG und die IVB gemeinsam einen Wiedererwägungsantrag
an die KBB, doch einen separaten Leistungsauftrag mit der IVB abzuschliessen,
da die IVB wegen dergesetzlichen Bestimmungen nicht als Subunternehmer
der 33er-TAXI AG agieren kann (Verlust von Behindertenarbeitsplätzen).
Dieser Antrag wird von der KBB abgelehnt. Die IVB übergibt
per 1.7.99 sämtliche KBB-Aufträge an die 33er-TAXI AG.
Insgesamt
sind der Neuorganisation 29 Arbeitsplätze zum Opfer gefallen.
Darin enthalten sind auch 11 Behindertenarbeitsplätze, welche
unwiderruflich zerstört wurden.
Soweit
die wichtigsten Fakten, die alle auch belegbar sind wir überlassen
es nun Ihnen, sich eine eigene Meinung zu bilden.
Gleichzeitig
hoffen wir, dass damit dieses Thema endlich wirklich zur «Vergangenheit»
gehört.
Mitteilungen
/ Ergänzungen: eMail: ivb@ivb.ch
|